Nach einer angenehmen Nacht in einem schönen Hotel südlich des Kokonor haben wir morgens beschlossen, noch einmal zum Nordufer des Sees zu fahren, wo die seltene Przewalski-Gazelle vorkommt. Das ist auch das letzte Verbreitungsgebiet dieser stark gefährdeten Gazellenart, die zu den am stärksten bedrohten Säugetieren Chinas gehört. Neue Schätzungen gehen von nur noch 4000 Exemplaren aus. Um die Gazellen zu suchen sind wir einmal um das Ostende des Kokonor herumgefahren und dann am Nordufer noch etwas wieder zurück nach Westen.

Das Ostufer des Kokonor am Morgen
Auf dem Weg gab es auch immer wieder nette Vögel, der erste Spornpieper des Trips ließ sich leider nicht fotografieren, flog dann aber laut rufend über unsere Köpfe ab. Dafür haben überall die Ohrenlerchen gerufen und gesungenund auch ein paar der hübschen, großen Mongolen-lerchen haben wir vom Auto aus noch einmal gesehen. Auch hier geht es nördlich und östlich des Sees gleich wieder in relativ eindrucksvolle Berge, wo auch noch jede Menge Schnee lag.

Als wir dann mal in die Gegend kamen, wo die Gazellen vorkommen sollten, war es nicht weiter schwierig, schon von der Straße aus welche zu finden.

Przewalski-Gazellen

und hier ein Bock, weit weg und durchs Spektiv fotografiert
Die Zäune sind wohl kein Hindernis für die Gazellen, jedenfalls waren auf beiden Seiten des Zauns kleine Herden. Im Gegensatz zur nahe verwandten Tibetgazelle haben hier die Böcke nach innen gebogene Hornspitzen, das Fell ist mehr rötlichbraun und der weiße Fleck am Hinterteil ist durch einen schwarzen Streifen am Schwanz geteilt.
Das war auf jeden Fall ein einfacher Lifer, insgesamt haben wir an zwei Stellen ungefähr 400 der Gazellen gezählt, was dann, wenn die Bestandsschätzungen stimmen, 10 Prozent des Weltbestandes wäre.
Damit haben wir auf dieser Tour, ohne nach Mäusen oder Fledermäusen zu suchen, nebenbei 24 Säugetierarten gesehen, wovon 20 neu für mich waren (plus Braunbär, Wolf, Rhesusaffe und Blauschaf, die ich schon kannte), sehr erfreulich.
Nach diesem erfolgreichen Morgen sind wir über die Berge östlich des Kokonor nach Osten in Richtung Xining gefahren, wobei man auch noch ein paar ordentliche Pässe mit bis zu 3700 m Höhe überquert. Auf dem Weg nach Xining haben wir an einem Aussichtshügel am Südwestrand der Stadt Datong nördlich von Xining einen Beobachtungsstopp eingelegt. Der Laoye Hill ist auch immerhin 2900 m hoch, spielt als Hügel also in der gleichen Liga wie die Zugspitze.
Am Fuß des Hügels haben wir erstmal in einem wie gewohnt sehr farbenfroh eingerichteten Restaurant lecker zu Mittag gegessen.

Die Stelle am Laoye Hill ist eine der wenigen in der Umgebung von Xining, wo man sich als Ausländer bzw. Nichtchinese problemlos bewegen kann. Viele Waldgebiete sind hier für Ausländer gesperrt, wer weiß warum ?

Reste von recht gutem Mischwald am Laoye Hill
Der Ausblick auf die Stadt von hier oben ist wirklich spektakulär, man könnte fast auf die Dächer spucken.


Datong von oben, die unteren Hänge sind ziemlich entwaldet
Die Chinesen leben da offenbar gerne schön eng zusammen.


Und die Energieversorgung für so viele Leute sollte auch kein Problem sein.
Auch wenn das hier nicht der tollste Wald der Gegend war und die meisten Stellen, wo es besser aussah, an den steilsten Klippen nicht zugänglich waren, haben wir doch ein paar nette Arten rausgearbeitet. Besonders an einer steilen Treppe, die von der Straße aus bergab führte, hat Elans Klangattrappe mit der kleinen Eule und dem Meisengezeter nochmal richtig geliefert.
Die örtlichen Weidenmeisen (Songar Tit) kamen gut und auch viele Fichtenkreuzschnäbel ließen sich anlocken.

Songar Tit
Und natürlich die Laubsänger, von denen manchmal mehr als ein Dutzend um uns herumsausten. Die meisten waren Tienshanlaubsänger der östlichen Unterart mandellii, aber dazwischen waren auch ein paar Gansu Leaf-Warbler, ein weiterer der Splits vom Goldhähnchenlaubsänger in China.

Tienshan-Laubsänger

Gansu Leaf-Warbler
Neben dem für uns alle neuen Gansu Leaf-Warbler kamen auch mehrmals einzelne Chinakleiber, um sich am ärgern der angenommenen Eule zu beteiligen. Leider meist ganz oben in den Spitzen der Nadelbäume und für mich schwierig zu fotografieren.

Chinakleiber (Snowy-browed Nuthatch)
Aber der Kleiber war der 2. Lifer des Nachmittags für mich, es gab dann sogar noch einen Dritten, die eher unspektakuläre Pere Davids Laughing-Thrush. Vor der habe ich aber kein vernünftiges Foto hinbekommen.
Ansonsten gab es noch ein paar ebenfalls recht scheue Rubinkehlchen und einen über dem Berg kreisenden Schwarzstorch, insgesamt ein sehr profitabler Stop.

Männliches Rubinkehlchen von Jochen fotografiert, fast so gut wie in Helgoland !
Abends sind wir dann zu unserem Hotel für die letzte Nacht gefahren, zum Glück eine sehr viel bessere Unterkunft als die Absteige, in der wir bei unseren ersten kurzen Stopover in Xining gewohnt haben.
Am nächsten Morgen sind wir gewohnt früh aufgebrochen, und sind auf einer Hauptstraße nach Nordosten in Richtung auf die Grenze mit der Provinz Gansu gefahren. Da alle guten Waldgebiete in der Nähe von Xining inzwischen für Ausländer gesperrt sind, hatten Elan und James Eaton anhand von Ebird-Daten einen Wald ca 2 Autostunden nordwestlich von Xining ausgekundschaftet, wo der Zugang auch laut lokaler, chinesischer Birder auch für Langnasen noch möglich sein könnte.
Auf dem Weg haben wir an einem ca. 3000 m hohen Pass angehalten, wo laut den lokalen Birdern ab und zu Blaue Ohrfasane gesehen werden, eine Art, die keiner von uns hier erwartet hätte. Blöderweise sind hier aber auch entlang der Straße Ausländer unerwünscht, so das wir an den Parkplätzen meist vom Bus aus gekuckt haben, während Elan ausgestiegen ist, und mit dem Spektiv die Hänge unterhalb der Passstraße abgesucht hat.
Wir waren dann ziemlich verblüfft, als er auf einmal hektisch hereinkam, und wir dann doch aussteigen sollten. Wir haben das am Rand des Parkplatzes gemacht, gedecket von einem Müllcontainer und dem Bus, den Mr. Mee strategisch zwischen uns und die Straße manövriert hatte.
Und tatsächlich, ein paar Hundert Meter unter der Straße saß ruhig in einem Busch ein blauer Ohrfasan, Hammer !

Blue-eared Pheasant, wow !

Und noch ein besseres Bild von Volkers 840er Teleobjektiv
Das war schon mal ein guter Anfang, und wir haben an dieser netten Stelle dann gleich noch gefrühstückt.
Auf dem Weg zu dem beschriebenen Waldstück sind wir dann allerdings blöderweise in eine Polizeikontrolle auf der Hauptstraße reingefahren. Die haben uns erstmal aus dem Verkehr gezogen und die Pässe eingesammelt. Wir dachten schon, der Beobachtungstag wäre vorbei, wie bei einer Gruppe von Birdquest, die in der Gegend mal 6 Stunden auf einem Polizeirevier zugebracht haben. Elan hat uns aber beruhigt, das es nicht kritisch wäre sondern dass die Polizisten alle noch sehr entspannt wären.
Nachdem unsere Pässe dann (zum gefühlt hundertsten Mal) gescannt waren durften wir dann nach 30 min umdrehen und zurück fahren. weiter ging es nicht, weil die Straße angeblich wegen eines Erdrutsches gesperrt wäre. Dafür herrschte aber ein recht reger Verkehr in beide Richtungen, wahrscheinlicher ist, dass die einfach wollten, dass wir nicht weiterfahren.
Wir sind dann zurück zu dem Pass mit den Fasanen gefahren, da hier auch ganz nette Buschwälder bis in die Nähe der Straße kamen. Jetzt hatten wir ja auch den Segen der Polizei, uns auf dieser Straße zurück nach Xining zu bewegen, konnten also an den Parkpläten etwas entspannter aussteigen.

Wälder unterhalb des Shi‘ Er Panpo Passes
Hie gab es dann noch ein paar nette Beobachtungen von Singvögeln unterhalb der Straße.

Yellow-streaked Warbler

und nochmal der hübsche Blue-fronted Redstart
Und dann rief auf einmal der örtliche Blauschwanz, der inzwischen gesplittete Qilian Bluetail (Tarsiger albocoeruleus) aus einem Waldgebiet an einem zu Fuss von der Straße aus erreichbaren Gegenhang.

in dem Waldgebiet in der Bildmitte rief der Blauschwanz
Wir sind dann nach etwas Beratung doch von der Straße runter und in den Buschwald abgestiegen und der Bus ist ohne uns zum nächsten Hügel vorgefahren. Wir waren schnell von der Straße aus nicht mehr zu sehen und sind dem rufenden Vogel tatsächlich immer näher gekommen.
Gesang und Rufe sind wirklich sehr verschieden vom normalen Blauschwanz, der hier zur Brutzeit aber auch nicht vorkommt. Als wir den Vogel dann nach längerem Suchen und viel Einsatz der Klangattrappe endlich gesehen haben, war es ein vorjähriges Männchen, das noch relativ schlicht aussah. Optisch hätte man den kaum von einem normalen Blauschwanz unterscheiden können. Aber der Gesang war da ja eindeutig und das war eine der wichtigsten Zielarten, die wir für heute noch vorhatten.

Vorjähriges Männchen des Qilian Bluetail, Foto von Jochen
Ein sehr schöner Abschluß einer absolut phantastischen Tour.
Damit hatte uns der Ausflug nach immerhin den vollkommen unerwarteten Fasan und den Blauschwanz gebracht, von den zu erwartenden neuen Arten haben wir durch die Straßensperrung also nur drei verpasst.
Wir sind dann zurück zum Hotel gefahren, wo wir lecker zu Mittag gegessen haben, unsere Sachen für den Flug am Abend gepackt haben und sogar noch Zeit für ein Mittagsschläfchen hatten. Abends hat uns Elan dann noch zum Flughafen gebracht und geschaut, dass auch hier alles mit Einchecken des Gepäcks klar ging.
Dann haben wir uns von Elan, einem der besten Guides, die mir je untergekommen sind, verabschiedet und sind über Chengdu zurück nach Frankfurt geflogen.
Damit ist wieder mal eine tolle Reise vorüber und ich schicke den Blog erstmal wieder in den Winterschlaf. Aber die nächsten Planungen laufen schon.





























































































































































































































